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ERIK-JAN OUWERKERK erik-jan ouwerkerk

Mai 2000, eigentlich sollte ich für die Architekturzeitschrift "Stadtbauwelt" an der niederländischen Grenze fotografieren, aber das Reiseziel änderte sich ganz kurzfristig und es wurde eine unerwartete Reise in eine mir völlig unbekannte Stadt, wo ich so warmherzig aufgenommen wurde, wie noch nirgendwo sonst. Tbilissi ist faszinierend, überraschend, an jeder Ecke völlig anders, Jugendstil neben Postmoderne, süd-französisches Flair neben uralten Holzhäusern. Verfallenes neben Unfertigem. Vieles ist improvisiert, die Plattenbauten sind mit statisch zweifelhaften regal-artigen Anbauten vergrößert. An einem zentralen Platz steht das moderne Hotel Iveria. Seit Anfang der 70er Jahre gehörte das Hotel zu den Top-Adressen in Georgien. Hier residierten prominente Gäste aus dem westlichen Ausland, sowie Offizielle der Nachbarländer. Für Einheimische, mit Ausnahme der Nomenklatura, blieben die Türen des Hotels verschlossen. Seit 1999 wird das Luxushotel von Flüchtlingen aus Abchasien bewohnt, die die Balkone mit Holzbrettern und blauen Plastikplanen zu extra Zimmern individuell erweitert haben. Der Name des Hotels hat eine besondere Geschichte: Iberia ist der Name des Ostgeorgischen Königreiches, das in den 80er Jahren des 3. Jahrhunderts v. Chr. entstand und den Grundstein für die georgische Nation bildete. Diesen antiken Namen sollte auch das höchste Haus in Tbilissi tragen. Doch die Taufe des Gebäudes löste eine heftige Diskussion über die Schreibweise des Namens aus. Man befürchtete, dass bei einem Ausfall des Buchstabens »I« statt des Namens Iberia nachts der Name von Stalins Geheimdienstchef Lawrenti Beria über der Stadt leuchten würde. So entschieden sich die Stadtbehörden 1965 für den Namen Iveria. Das Versagen der Technik wurde also von vornerein berücksichtigt! Für die Atmosphäre in der Stadt sind aber die Menschen wichtiger als die Architektur. Es geht zwar vielen nicht rosig, aber die Leute sind gut gelaunt, emotional, und überall werden wir mit offenen Armen empfangen. Es ist oft so, als würde man sich mit alten Freunden treffen. Das macht den Aufenthalt in Tbilissi so angenehm und aufregend, der Abschied fällt deswegen aber um so schwerer.

Erik-Jan Ouwerkerk, geboren 1959 in Leiderdorp, Niederlande. Er studierte Biologie und lebt seit 1988 als freischaffender Foto-Journalist in Berlin. Seine Themenschwerpunkte sind: Leben in der Stadt, Soziales, Architektur. Zusammenarbeit u.a. mit der Architekturzeitschrift "Stadtbauwelt" und dem Nicolai Verlag. Seine Aufträge führten ihm u.a. nach China, Vietnam, Georgien und Kasachstan. Im Nicolai Verlag sind mehrere Publikationen mit Fotografien von ihm erscheinen, darunter die Bände "Neue Gartenkunst in Berlin" (2001), "Berlin 24 h" (2004) und "Die Architektur des neuen Berlin" (2005). Innerhalb seines relativ kurzen Aufenthaltes 2000 in Tbilissi sind umfangreiche Fotoserien entstanden, die hier ausgestellt sind. Diese Serien setzen sich aus Einzelporträts von Menschen sowie thematisch geordneten Beobachtungen in dem Stadtmilieu zusammen. Ein Teil dieser Fotoarbeiten wurde bereits in der Stadtbauwelt im Artikel "Warum ausgerechnet Tiflis?" veröffentlicht.